Man hat es vielleicht am Anfang gemacht aus einer Inspiration, ,an hat es am Anfang gemacht als Dienst an Gott, aber dann wird es irgendwann zur Verhaftung und diese Verhaftung muss man irgendwo überwinden. In diesem Sinne gilt es dann, dass man loslässt. In diesem Sinne könnte man es auch sehen als etwas, was sich auf die eigenen Nachkommen, also was sich durchaus wörtlich auf den Sohn bezieht. Das heißt natürlich nicht, physisch umbringen. Aber man kann auch sagen, Mutter, Vater kümmern sich um ein Kind. Irgendwann ist die Zeit gekommen, das Kind loszulassen, im Sinne von, jetzt muss es seinen eigenen Weg gehen. Und bis zu einem gewissen Grad ist das mit Beginn der Pubertät schon so. Nicht umsonst, in früheren Zeiten, sind die Kinder im Alter von dreizehn, vierzehn aus dem Haus gegangen und sind dann in den Haushalt eines Meisters gegangen – also, nicht notwendigerweise eines spirituellen Meisters, sondern Handwerksmeister – oder sind auf Wanderschaft gegangen. Das ist mindestens in den Handwerkerfamilien so gewesen. In den Kaufmannsfamilien wurden die Dreizehn-, Vierzehnjährigen woanders hingeschickt, zu einem anderen Kaufmann. In den Bauernfamilien blieben die dann halt in der Familie, aber wurde ab da selbständig. In der evangelischen Kirche wird man mit der Konfirmation wahlberechtigt, man ist also gleichberechtigt in der Gemeinde mit allen anderen. Und heute haben wir eine verlängerte Jugend, im Sinne von, die Ausbildung ist erst abgeschlossen, früher bei Männern, mit siebenundzwanzig, achtundzwanzig hat man das Studium abgeschlossen. Heute wird alles schneller gemacht mit acht Jahren Gymnasium, Wehrdienst fällt weg und zum Bachelor und dann hofft man, dass man die Menschen mit zwanzig dem Arbeitsleben zuführen kann. Aber in jedem Fall, irgendwie um die Zeit dreizehn, vierzehn ist eigentlich die Erziehung im engeren Sinne vorbei. Dann gilt, mehr oder weniger Unterstützung zu geben, zuzuhören und doch ein bisschen Beispiel zu geben, ein bisschen zu lenken, ein paar Sachen noch zu verbieten, aber es ist anders als vorher. Und irgendwann loslassen. Und dann wird man aber auch feststellen, wenn man innerlich den Entschluss gefasst hat, „ich lasse jetzt los“, dann kommt dann oft wieder eine größere Nähe. Wenn Mutter oder Vater an dem Kind irgendwie festhält und weiter versucht, das Kind nach seinem Bild oder seinen Vorstellungen zu formen, dann wird es problematisch. Irgendwann müssen die Eltern sagen: „Ich lasse dich los. Gehe deinen eigenen Weg.“ Man kann sagen, man tötet seine eigene Verhaftung an die eigenen Vorstellungen, wie das Kind es eigentlich machen soll und dann wird oft das passieren, dass plötzlich das Kind, das nicht mehr Kind ist, wieder auf Mutter und Vater zugeht. In diesem Sinne steckt da sogar psychologisch eine große Bedeutung dahinter.
Teilnehmer: „Das ist natürlich gefährlich, das so hinzuschreiben.“
Ja, aber ich glaube nicht, dass das in den letzten Jahrhunderten zu so vielen Tötungen von Kindern geführt hat. Es gibt schon viele wirre Sachen im Alten Testament, aber es gibt auch viele wirre Sachen in der Mahabharata.
Fortsetzung folgt –
Dies ist die 50. Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines spirituellen Retreats mit Sukadev Bretz im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke kannst du nachschauen im Yoga Wiki. Hier ein paar weiterf´ührende Links:
- Seminare mit Sukadev
- Seminare zum Thema Raja Yoga und Positives Denken
- Spirituelle Retreats