Spirituelle Entwicklung, Teil 17: Spirituelle Praxis im Alltag
Viveka, Unterscheidung zwischen Selbst und Nicht-Selbst. Natürlich auch Unterscheidung zwischen Ananda und Sukha, vorrübergehendem Vergnügen und tiefer Freude. Tiefe Freue ist nicht zu haben über, jemand spricht nett über einen, oder man kriegt was Gutes zu essen, oder man hat den neuesten Haarschnitt, neueste Kleidung, neueste Smartphone, neuesten Lidschatten oder neuesten Vorhang oder was weiß ich, was Menschen sich noch alles so vorstellen, was sie brauchen. Kleines Glück ist ok, wir freuen uns an Gottes Schöpfung. Aber nicht das Ding ist schön, sondern Gottes Schöpfung ist schön. In dem Maße, wie wir uns erfreuen an Dingen, an Situationen, als Manifestationen des Göttlichen, ist das eine Freude ohne Verhaftung. Wenn wir aber denken: „Ich brauche das unbedingt. Und wenn ich das nicht haben werde, dann bin ich dauerhaft unglücklich. Nie mehr macht mein Leben einen Sinn, wenn das jetzt nicht so geht.“ Das ist Verrücktheit. Sat-Asat-Viveka, Unterscheidung zwischen dem Wahren und dem Nicht-Wahren. Oder auch Nidya-Anidya-Viveka gibt es auch noch mal, Unterscheidung zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen. Nidya-Anidya – ist gar nicht so schwierig. Was ist vergänglich? Alles Wahrnehmbare, alles außer dem Selbst. Und was ist unvergänglich? Das Selbst, das Bewusstsein, das Göttliche an sich. Das ist eigentlich die einfachste, oder? Sehr einfach. Nur, es ist auf der einen Seite einfach, auf der anderen Seite nicht so einfach, denn wir hängen ja trotzdem an den Dingen. Wenn etwas mal so schön ist, dann sollte das doch bleiben, oder? Das geht auch mir im Ashram so. Es gibt ab und zu mal Zeiten, da ist alles gut organisiert und koordiniert und jeder macht seine Aufgabe gut. Jetzt sollte die Leute doch einfach ihre Aufgabe machen und nicht wieder auf verrückte Ideen kommen. Und dann denkt irgendjemand, er will das Team wechseln oder irgendwo braucht er eine Veränderung oder will ganz wo anderes hingehen, meint jetzt, er muss den Jakobsweg gehen. Und dann ist wieder alles durcheinander. Können die Leute nicht einfach mal so ein paar Monate tun, was zu tun ist, und fertig und Ruhe ist, dann könnte wir alle in Ruhe meditieren und müssten nicht ständig in jeder Bereichsleitersitzung wieder schauen, wo wir ein Loch stopfen. Und je mehr Menschen es sind, umso schwieriger wird es dann. Denn selbst wenn dann zwanzig Teams – ich glaube, wir haben inzwischen zwanzig Teams – wenn von den zwanzig Teams siebzehn ihre Arbeit gut machen, drei sind irgendwo durcheinander und über die spricht man dann. Und da muss man sich immer wieder vergegenwärtigen, Nidya-Anidya-Viveka, funktionierende Teams sind Anidya, vergänglich. Brahman ist Nidya, ewig. Genauso auch Satya-Asatya oder Sat-Asat-Viveka, was wirklich ist und unwirklich. Letztlich, die Welt zu sehen als voneinander getrennt, ist unwirklich. Die Welt zu sehen als Manifestation Gottes, ist wirklich. Also vieles in Viveka dessen wir uns immer wieder erinnern können und es wird dann auch praktisch. Dann Vairagya. Aus Viveka wächst Vairagya, Nicht-Anhaften. Viveka ist mehr vom Intellekt her, Vairagya ist mehr vom Gefühlsmäßigen her. Beide gehen miteinander einher. Wenn sie unterschiedlich sind, Viveka ist da, Vairagya nicht, dann sagt der Kopf eine Sache und das Herz eine andere Sache. Manchmal ist aber auch Vairagya da, aber Viveka nicht. Irgendwie der Kopf denkt anders. Aber das ist bei Aspiranten in Anfangsphasen, wo manchmal Menschen ein Weltbild haben, das nicht spirituell ist, aber ihr Herz sagt ihnen irgendwas ganz anderes. Also, Viveka, Vairagya, idealerweise sind sie irgendwo im Gleichgewicht. Mumukshutwa, tiefe Sehnsucht nach Befreiung. Das ist letztlich der andere Aspekt von Vairagya. Letztlich, Viveka, kann man sagen, ist intellektuell, verstandesmäßig, unterscheidungsmäßig, erkenntnismäßig. Und Mumukshutwa und Vairagya sind emotional. Unsere Emotionen sind immer polar: „Das mag ich, das mag ich nicht.“ Oder: „Davon bin ich angezogen, davon weniger. Und das tiefe Anziehen ist von der Verwirklichung der höchsten Wahrheit, Mumukshutwa, und ich lerne, das andere für nicht mehr für so wichtig zu halten, Vairagya.“ Und aus dem Ganzen ergibt sich eine gewisse heitere Gelassenheit,
Fortsetzung folgt –
Dies ist die 100. Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines spirituellen Retreats mit Sukadev Bretz im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke kannst du nachschauen im Yoga Wiki. Hier ein paar weiterf´ührende Links:
- Seminare mit Sukadev
- Seminare zum Thema Raja Yoga und Positives Denken
- Spirituelle Retreats