In diesem Sinne, wenn wir jetzt die Yamas und die Niyamas anschauen, wir können die zum einen etwas distanzierter machen, im Sinne von beobachten und deshalb nicht in die menschlichen Emotionen hineingehen oder wir können sie mit Intensität machen, das heißt praktisch, immer die Liebe ist dabei. Also, Ahimsa, Nicht-Verletzen, ich sagte, ich mag eigentlich lieber den anderen Ausdruck, aber weil es halt, in der Aufzählung der Yamas heißt es halt Ahimsa, obgleich Patanjali häufiger von Maitri Bhavana spricht, Mitgefühl und Liebe. Man könnte jetzt das distanziert machen, „du sollst nicht töten und du sollst nicht verletzen“, dann heißt es noch dazu, „weder in Gedanken, noch in Worte, noch in Tat“, dann ist es mehr eine Negation und dann ist es mehr eine ethische Vorschrift. Aber was es zu Raja Yoga macht, ist, wenn es aus dem Geist der Liebe und des Verständnisses kommt. Dafür gibt dann ja Patanjali dann im dritten Kapitel ein paar Tipps. „Fühle mit deinem Herzen das Herz des anderen. Intensiviere das und dann erfährst du die Verbindung mit dem anderen.“ Oder: „Versetze dich ganz in den anderen hinein. Versuche, den anderen voll zu verstehen. Mache Samyama auf seine Gedanken. Und dann verstehst du, was er will.“ Oder noch mehr: „Und wenn die Ursache der Bindungen verschwunden sind, dann kannst du dich vollständig in einen anderen hineinversetzen.“ Also praktisch, eines der Mittel für Ahimsa ist, uns wirklich so sehr in einen anderen Menschen hineinversetzen zu können, dass wir so denken und fühlen können wie er oder sie. Das ist die größte Steigerung des Mitgefühls. Da sagt er aber, das geht nur, wenn die Ursachen der Bindungen an sich selbst überwunden sind. Vorher die Empfehlung, mehr über den anderen zu wissen, sich darauf konzentrieren, seine Gedanken und Gefühle erahnen, oder von seinem Herzen das Herz des anderen zu spüren, Liebe. Und dann, wenn es einem gelingt, mit dieser Übung oft genug von sich selbst zu abstrahieren und sich in andere hineinzuversetzen, irgendwann sind die Ursachen der Bindungen verschwunden und wir können uns ganz in den anderen Menschen hineinversetzen. Stückweise geht das. Das sind ja keine irrealistischen Sachen, sondern es geht. Es sind Sachen, die wir praktizieren können und die wir im Kleinen auch tatsächlich erfahren können.
Teilnehmer: „Das eine könnte man ja in Trance erleben, also in so einem schläfrigen Zustand, die Kurve, die du heute Morgen gemalt hast. Das wäre so ein schläfriger Zustand, in dem ich diese Verbundenheit erlebe, Grenzenlosigkeit. Gleichzeitig könnte ich es aber auch erleben, ich fühle diese Verbundenheit und bin wach dabei. Und dann gibt es das, was du meinst, das ist die Distanz, diese Bewusstheit, die das Ganze von oben beobachtet?“
Drei verschiedene Gemütszustände, die alle ihre eigene Schönheit haben und eigentlich alle ihre Berechtigung haben. Es gibt diese tranceartige Verbundenheit irgendwo, die man ja gerne auf Festen usw. hat oder auch auf andere Weise. Aber es gibt auch dieses bewusste Einheitsgefühl, gesteigerte Bewusstheit der Liebe. Und es gibt etwas, wo man irgendwo lächelnd, distanziert und doch heiter ein bisschen mitfühlend über dem Ganzen dort steht.
Fortsetzung folgt –
Dies ist die 73. Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines spirituellen Retreats mit Sukadev Bretz im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke kannst du nachschauen im Yoga Wiki. Hier ein paar weiterf´ührende Links:
- Seminare mit Sukadev
- Seminare zum Thema Raja Yoga und Positives Denken
- Spirituelle Retreats