Genauso auch – gibt es irgendeines dieser zehn, wo ich noch ein paar Worte darüber sagen sollte? Nehmen wir mal Tapas. Das, woran ihr am wenigsten gedacht habt. Wenn ihr nichts sagt. Tapas heißt – am besten übersetzt man es als Disziplin. Patanjali definiert Tapas an zwei verschiedenen Stellen unterschiedlich. Tapas hat je nach Kontext unterschiedliche Bedeutung. Tapas heißt in einem Sinne, einen disziplinierten Lebenswandel zu haben. Also nicht einfach nur tun, was einem so in den Sinn kommt. Das gehört auch irgendwo dazu, denn Patanjali erwähnt ja gerade im dritten Kapitel mehrere Techniken, zur Intuition zu kommen und zu spüren, mehr Zugang zu finden zu seiner eigenen Bestimmung. Und eigentlich das ganze dritte Kapitel ist voll von Hilfen, zur Intuition zu kommen. Es wäre jetzt unsinnig, die Intuition zu erwecken und nachher doch nur einer starren Disziplin zu folgen. Das wäre schon fast masochistisch. Aber erst mal die Fähigkeit, ein diszipliniertes Leben zu führen, was heißt, man nimmt sich vor, morgens Asanas zu praktizieren und tut es, man nimmt sich vor, zu meditieren und tut es, man nimmt sich vor, Pranayama zu üben und man tut es, man nimmt sich vor, gesünder zu essen und man tut es, man nimmt sich vor, dass niemand mehr fürs Essen getötet werden muss und man wird Vegetarier. Man stellt vielleicht fest, dass Milchindustrie mit Töten verbunden ist und wird vegan. Gut, ich muss zugeben, ich habe dafür dreißig Jahre gebraucht, bis von der Einsicht, ich sollte irgendwann Veganer werden, bis ich es letztes Jahr geworden bin. Vielleicht waren es auch nur fünfundzwanzig Jahre. Aber irgendwann wird das Tapas dann stark, dann setzt man es um.
Teilnehmer: „Ich meine, man kann ja auch gezwungen werden durch eine Milchunverträglichkeit.“
In dem Fall aus freien Stücken, keinerlei Milchunverträglichkeiten. Manchmal hilft das.
Tapas. Aber Tapas heißt nicht einfach nur Disziplin, denn die könnte starr und kalt sein. Der Ausdruck „Tapas“ heißt wörtlich „Hitze“. Tapas steht auch für Feuer. Tapas steht auch für Enthusiasmus. Das heißt, in dem Wort steht drin, wir machen eine Disziplin nicht als kalte Disziplin, sondern wir machen sie mit Leidenschaft. Deshalb mag ich manchmal nicht, dass dispassion übersetzt wird als Leidenschaftslosigkeit, sondern man würde besser vielleicht sagen, als Verhaftungslosigkeit. Natürlich, Leidenschaft im engeren Sinn ist das, was Leiden schafft, das wollen wir dort nicht machen. Aber wie es eigentlich gebraucht wird, leidenschaftlich, mit Enthusiasmus, das ist das, was gemeint ist. Wenn man Asanas mechanisch macht, haben die schon ihre Wirkung. Wenn wir sie mit Bewusstheit machen, dann sind sie umso wirkungsvoller. Meditation täglich ausgeführt, hat schon ihre Wirkung.
Fortsetzung folgt –
Dies ist die 74. Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines spirituellen Retreats mit Sukadev Bretz im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke kannst du nachschauen im Yoga Wiki. Hier ein paar weiterf´ührende Links:
- Seminare mit Sukadev
- Seminare zum Thema Raja Yoga und Positives Denken
- Spirituelle Retreats