Der Mensch macht noch etwas, um die Welt zu strukturieren und von sich zu trennen. Das ist, die Welt in Konzepte und Worte zu fassen. Z.B. wir sagen, das ist ein Kissen, es sind sogar zwei Kissen. Damit habt ihr das Ganze etikettiert, ihr habt es in eine Schublade gebracht und dann ist es „Kissen“. Wenn man die Welt mal wahrnimmt ohne Worte, dann ergibt sich etwas anderes. Das war so eine meiner ersten Zugänge zur Spiritualität, jenseits von der kindlichen Religiosität im Kindergottesdienst und dann irgendwelche Visionen, die ich als Kleinkind hatte oder auch in Gebeten. Aber so als Jugendlicher bin ich geritten und irgendwann hatte ich mal den Ehrgeiz oder den Wunsch, die Welt wahrzunehmen wie mein Pferd. Ich wollte mein Pferd verstehen. Und zuerst war ich ein bisschen naiv und habe nur gedacht, ich weiß nur eines, wie ein Pferd die Welt nicht wahrnimmt, nämlich in Worten. Pferd spricht keine Worte, hört keine Worte, also will ich mal probieren, die Welt ohne Worte wahrzunehmen. Und so bin ich dann auf Ausritten, habe ich das dann gemacht, probiert, keine Worte geistig zu formulieren. Und das ist mir auch durchaus mit etwas Übung gelungen, manchmal Minuten lang, manchmal bis zu einer Viertelstunde, kein Wort, keinen Satz zu formulieren. Das war eine große geistige Bemühung und da war plötzlich ein Einheitsgefühl da. Da war keine Trennung mehr von mir und dem Pferd und mir und der Welt, sondern irgendwo, plötzlich war so eine Herzensöffnung, verbunden mit allem, waren mystische Erfahrungen, an die ich bis heute immer wieder denke. Also, das ist auch eine Jnana Yoga Weise. Gut, später habe ich dann mal ein Buch gelesen, „Die Psychologie des Pferdes“, und dann wusste ich, zu glauben, die wahrnehmen zu können wie ein Pferd, ist absolut illusionär. Das Buch hat behauptet, das Pferd sieht keine Farben, es sieht auch keine Entfernungen, ein Pferd hört Entfernungen. Es sieht keine, deshalb bemüht sich das Pferd auch immer, Laute zu erzeugen. Wenn es nicht mit den Hufen geht, dann wiehert es oder andere oder mit Echolot. Jetzt, wie nimmt ein Pferd die Welt wahr? Hört Entfernungen, sieht keine Entfernungen. Dann hieß es, das Pferd sieht nur Grauschattierung. Das kam mir aber komisch vor, da habe ich gesagt, woher weiß der das? Vielleicht sieht das Pferd Gelb- oder Grünschattierungen oder Grün-Blau-Schattierungen. Was auch wieder zeigt, wie relativ die Welt ist. Aber das ist auch eine Weise des Jnana Yogis, sich mal zu lösen von Konzepten, von Worten, sich zu lösen von Bildern und dann Brahman zu erfahren. Das ist übrigens etwas, wozu ich euch heute besonders animieren will. Wir haben ja mehrere Tage und heute dann insbesondere, dass ihr versucht, eine spirituelle Erfahrung über diese beiden Jnana Yoga Prinzipien zu machen. Sei es, dass ihr zwischendurch überlegt: „Wer bin ich?“ Und dabei euch löst von allem Wahrnehmbaren. Wir werden gleich nochmal eine kleine Meditation dazu machen, wir werden um 16:00 Uhr dazu eine Meditation machen.
– Fortsetzung folgt –
Dies ist die 6. Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines spirituellen Retreats mit Sukadev Bretz im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke kannst du nachschauen im Yoga Wiki. Hier ein paar weiterf´ührende Links:
- Seminare mit Sukadev
- Seminare zum Thema Raja Yoga und Positives Denken
- Spirituelle Retreats