Es gab mal einen König, der war ein guter König, er war ein rechtschaffener König, ein friedfertiger König, einer, der auch spirituell war, aber einer, der doch sich ein bisschen was auf sich eingebildet hatte. Und der ist aber jeden Tag zum Tempel gegangen, bei einer Puja, wie ihr sie gestern erlebt habt, und hat zum Schluss gerne das Prasad genommen als einen besonderen Segen. Und er hat immer gemeint, dadurch, dass er dort hin geht, das gibt ihm die Kraft und Inspiration, eben seine Aufgaben im Alltag zu machen. Eines Tages konnte er nicht zur Puja gehen und so schickte er seinen Diener, er solle dorthin gehen und ihm zum Schluss etwas vom Prasad geben und er soll das bitte vom Priester persönlich sich geben lassen. Er war ja ein König, da sollte nicht einfach irgendwer, der Priester persönlich sollte dieses Prasad geben. Und der Priester war aber ein Heiliger und der hatte irgendwo die Inspiration, dass er dem König eine wichtige spirituelle Lektion erteilen wollte. Und anstatt ihm das gute, wohlschmeckende Prasad zu geben, gab er ihm so eine kleine Schüssel und in der Schüssel waren Glasscherben und zerbrochene Nadeln. Der Diener wusste das nicht, der hat nur das Päckchen bekommen. Der König riss das Päckchen auf und ohne zu gucken, fasste er dort rein und – blutige Finger. Verärgert schaute er rein und dort war so eine kleine Notiz von dem Priester: „Dir gehören noch nicht mal Glasscherben und zerbrochene Nadeln.“ Das sollten wir uns öfters vergegenwärtigen. Eine andere Geschichte, eine meiner Lieblingsgeschichten von König Janaka und Ashtavakra. König Janaka, König von Videha, legendärer König, wie ihn die Veden und die Mahabharata und die Ramayana beschreiben. Er wird deshalb auch in den Schriften in ganz unterschiedliche Zeitalter versetzt, jedenfalls, er gilt als der ideale Mensch, der im Alltag Spiritualität lebt und als jemand, der intensiv tätig war und der auch viel zu tun hatte, letztlich auch ein luxuriöses Leben sogar geführt hat, aber Selbstverwirklichung erreicht hat. Und da gibt es die Geschichte, wie er dazu in die Lage versetzt war. Er ging als junger König in die Lehre zu Ashtavakra. Ashtavakra, ein großer Heiliger und Weiser. Nachdem er bei ihm eine ganze Weile gewesen war, wollte er dem Ashtavakra, wie es in der Tradition üblich war damals, ein Geschenk geben, ein Dakshina. Und der Ashtavakra, der war so bekannt, der hatte viele reiche Schüler und der hatte irgendwo… Aber er lebte sehr einfach. Eigentlich brauchte er gar nichts. Der hatte eigentlich zwei Zimmer, das kleinere Zimmer, dort wohnte er, und nebendran, das größere, dort wurden alle Gaben, die ihm die Schüler gegeben haben reingesetzt. Dann hat er noch einen anderen Schüler gehabt, dessen Aufgabe war, das alles dann an die Armen zu verteilen. Und so dachte Janaka: „Ehe ich ihm jetzt irgendwas schenke, wo weder er noch andere was damit anfangen können, frage ich ihn einfach.“ „Ashtavakra, was könntest du gebrauchen? Ich werde dir alles geben, was du haben willst.“ Ashtavakra schaute ihn prüfend an und sagte: „Alles, was ich haben will, wirst du mir geben?“ Sagte Janaka: „Ja, alles, was du haben willst, sofern es in meiner Macht steht.“ Ashtavakra schaute ihn lächeln an und sagte: „Dann überschreibe mir bitte dein Königreich.“Janaka schluckte, das war jetzt nicht das, was er erwartet hatte. Er sagte erst nichts, Ashtavakra schaute ihn lächelnd an und dann schließlich sagte Janaka: „Mein Wort gilt.“ Dann sagte Ashtavakra: „Ok, hier ist ein Pergament und hier wird jetzt die Abdankungsurkunde unterschrieben. Hier habe ich ein paar andere Schüler, die werden Zeuge sein.“ Das waren auch irgendwo ein paar wichtige Menschen. Ashtavakra unterschrieb also die Abdankungsurkunde und dass er abdanken würde zu Gunsten von Ashtavakra. Und Ashtavakra würde jetzt der nächste König sein. Das königliche Siegel da drauf, auch den Siegelring übergab er dem Ashtavakra. Und die anderen unterzeichneten auch und machten auch ihr Siegel dort hin und dann wurde die Rolle zusammengerollt, nochmal Siegel drauf. Und dann sagte Ashtavakra: „Ok, danke, jetzt kannst du gehen.“ Gut, Janaka wusste jetzt nicht, was weiter machen sollte, aber er ging erst mal weg. Und als er fast außer Hörweite war, rief Ashtavakra: „Janaka, komm doch bitte nochmal zurück.“ Janaka kam zurück, sagte Ashtavakra: „Weißt du, ich weiß ja nicht, wie man ein Königreich regiert. Ich ernenne dich hiermit zum Verwalter des Königreiches. Und zwar wirst du das Königreich so regieren, als ob du der König wärst. Du tust so, als ob du König wärst. Du wirst die Krone tragen und alles so machen, als ob du König bist. Aber nur du weißt das und meine beiden anderen Schüler, ihr seid zur Geheimhaltung verpflichtet, sagt das auch niemandem. Nur ihr wisst, dass Janaka nicht der König ist. Ich bin der König und ich behalte hier diese Urkunde. Und wann immer ich es für richtig halte, werde ich kommen und mein Königreich regieren.“ So ging Janaka zurück und wusste: „Ich bin nicht der König. Ashtavakra ist der König. Aber Ashtavakra hat mich beauftragt, das Königreich gut und gerecht zu regieren. Und zwar auf eine Weise, als ob ich der König wäre.“ Und weil er Ashtavakra natürlich über alle Maßen schätzte als seinen Guru, regierte er natürlich das Königreich so gut, wie er konnte. So wurde das Königreich zum Blühen gebracht. Janaka identifizierte sich nicht, er war innerlich voller Vairagya, Losgelöstheit, und erreichte so die nächsten Schritte bis zur vollen Verwirklichung.
Fortsetzung folgt –
Dies ist die 98. Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines spirituellen Retreats mit Sukadev Bretz im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke kannst du nachschauen im Yoga Wiki. Hier ein paar weiterf´ührende Links:
- Seminare mit Sukadev
- Seminare zum Thema Raja Yoga und Positives Denken
- Spirituelle Retreats