Swami Vishnu hat gerne gesagt: „Wenn ihr herausfinden wollt, ob ihr auf dem spirituellen Weg Fortschritte macht, dann ist das nicht, wie heiß eure Wirbelsäule wird, wie viel das Prana in den Fingern pulsiert, nicht, wie viel Licht ihr im dritten Auge seht, nicht, wie weit ihr eure Aura ausdehnen könnt, auch nicht, wie gut ihm im Skorpion seid, auch nicht, wie lange ihr die Luft anhalten könnt, auch nicht, wie viel Minuten oder Stunden ihr bewegungslos in der Meditation sitzen könnt, sondern wie weit wachst ihr in diesen Sadhana Shatushtaya, der Vierheit.“ Shatush heißt vier, Shatushtaya, die Vierheit des Sadhanas. Und das ist Vivaka, Unterscheidungskraft, Vairagya, Nicht-Anhaften, dann Mumukshutwa, intensives Streben nach BefreiPsychotherapieung, Sehnsucht nach der höchsten Verwirklichung, und Shatsampat, Gelassenheit. Viveka, Unterscheidungskraft. Und Shankaracharya definiert die Unterscheidungskraft als die Atma-Anatma-Viveka, die Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst, als Ananda–Sukha-Viveka, die Unterscheidung zwischen der dauerhaften Freude und vorrübergehendem Glück. Dann die Unterscheidung zwischen Sat– und Asat-Viveka, zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen. Unterscheidung zwischen dem höchsten Selbst und dem relativen Selbst. Relatives Selbst ist vergänglich, also Körper mit all seinen Wehwehchen und schönen Erfahrungen, Prana mit all seinen Hochs und Tiefs, Emotionen mit ihren Höhen und Tiefen, Persönlichkeit mit all ihren einzigartigen Besonderheiten. All das bin ich nicht, Anatma. Und was bin ich? Satchidananda, Sein, Wissen, Glückseligkeit. Gut, wir haben in dieser Welt Aufgaben, wir haben unser Dharma zu erfüllen, auch in einem Relativen, aber ohne uns damit zu identifizieren. Viveka heißt immer wieder, dass wir uns bewusst machen, wir haben diesen Körper-Geist-Komplex, um in dieser Welt Erfahrungen zu machen und unseren Part in diesem göttlichen Lila zu spielen. Aber „ich bin nicht der Körper“. So wenig wie wir unser Fahrrad sind oder unser Auto. Es gibt ja auch Menschen – letztes Wochenende hatten wir so Multiple Sklerose Wochenende, wo einige da waren, die mit Rollstühlen durch die Gegend gefahren sind, deren Beine nicht mehr so fähig sind, sich zu bewegen. Also, Rollstuhl. Man könnte sich jetzt auch mit dem Rollstuhl identifizieren, das ist nichts anderes als Beine, eben rollend. Oder Menschen haben zum Teil Stümpfe, die aber dann irgendwo zwischen Kammern mechanische Hand tatsächlich so ein bisschen verbinden mit Nerven. Und ich habe mal gelesen, irgendwo ist es gelungen, dass jemand die mechanische Hand bewegen kann über bewusstes Denken im Hirn. Da gibt es jetzt mehrere Möglichkeiten, wie man das macht. Das eine wäre, man probiert es über Muskelzuckungen. Der Mensch muss dann daran denken, dass er Muskelzuckungen macht, das wird aufgefasst durch irgendeinen Sensor hier, und dann können die Finger der Hand sich bewegen. Die zweite Möglichkeit ist, irgendwo zu probieren, die Nerven tatsächlich zu stimulieren und zu lernen, eine bestimmte Bewegung machen zu wollen, dass diesen Nerv dort aktiviert, und dann geht das. Und eine dritte Möglichkeit – und alle drei haben sich begrenzt als hilfreich erwiesen – der Mensch denkt etwas, dadurch entsteht ein bestimmter Hirnreiz, und der wird abgefangen über eine Elektrode, das wird gefunkt in einen Empfänger hier. Also, das ganze Nervenleitsystem wird also übersprungen. Und dann, über diesen Empfänger werden dann die Finger bewegt. Damit geht es natürlich noch weiter. So wie man einen Finger hier bewegen kann, könnte man jetzt auch ganze andere Dinge steuern, allein mit unseren Gedanken. Es wird nur problematisch, wenn jemand anderes einen ähnlichen Gedanken hat und auf der gleichen Frequenz dann sendet oder Störsender. Also, da gibt es jetzt alle möglichen Sachen, die dadurch noch entstehen könnten. Aber tatsächlich kann jemand dann sagen: „Ich bin diese Hand.“ Oder ein Rollstuhl, der letztlich dann über Gedanken steuerbar ist. „Ich bin dieser Rollstuhl.“ Es ist auch denkbar, dass die Hand dann auch Sinnesempfindungen weiterleitet, die mechanische Hand oder der Rollstuhl oder ein Raumanzug. Viveka, Atma-Anatma. Also, wir sind nicht der Körper, so wenig, wie wir die mechanische Hand wären, so wenig, wie wir der Rollstuhl wären, so wenig, wie wir das Auto und das Fahrrad und unsere Kleidung sind, so wenig, wie wir unser Besitz sind. Immer wieder sich bewusst machen: „Das ist Instrument, das bin nicht ich. Und es gehört mir nicht wirklich, sondern es ist eine Leihgabe begrenzter Nutzungsdauer und begrenzter Mietdauer.“ Wir haben praktisch bestimmte Dinge bekommen, vorrübergehend, um Erfahrungen zu sammeln und sie zu nutzen, um Gutes damit zu bewirken und irgendwann ist es von uns genommen.
Fortsetzung folgt –
Dies ist die 97. Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines spirituellen Retreats mit Sukadev Bretz im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke kannst du nachschauen im Yoga Wiki. Hier ein paar weiterf´ührende Links:
- Seminare mit Sukadev
- Seminare zum Thema Raja Yoga und Positives Denken
- Spirituelle Retreats